Geschichte
© Laurent Quint
Das Ludwig Erhard Haus ist ein Produkt der Wiedervereinigung: Als Berlin um seine Position als Hauptstadt kämpfte, als bundesweite Wirtschaftsverbände nach Berlin zogen und der regionalen Stimme der Wirtschaft Konkurrenz machten und als im Ostteil der Stadt der Bauboom so manche Brache im Westteil der Stadt überdeutlich zu Tage treten ließen, wollte die Berliner Wirtschaft gemeinsam mit dem Senat ein weithin wahrnehmbares Zeichen für Berlin setzen.
In der City West in Charlottenburg verfügten IHK und VBKI über nebeneinander liegende Grundstücke mit Bauten aus den 50er Jahren, die – genau wie ein Anbau der Berliner Wertpapierbörse - einem gemeinsamen Neubau weichen sollten. Nicht ganz ohne Schwierigkeiten, denn der Bausenator stellte die abzureißenden Gebäude damals kurzerhand unter Denkmalschutz. Mit diesem Schachzug sicherte sich die Senatsverwaltung ein erhebliches Mitspracherecht im anschließenden Planungsprozess für das neue Gebäude. Der Berliner Senat wünschte sich nämlich ein architektonisches Schmuckstück, das die City West aufwerten und seinen Wünschen Rechnung tragen sollte.
Den Anforderungen des darauf abgestimmten und 1991 durchgeführten Bauwettbewerbs entsprach der Entwurf des britischen Architekten Nicolas Grimshaw am meisten. Seine Vorstellung von einem unverwechselbaren modernen Gebäude auf dem unregelmäßigen Grundstück, das auch denkmalgeschützte Teile der alten Börse und des VBKI-Festsaals integrierte, wurde letztlich von der Jury ausgewählt.
Zwar hatte die Berliner Wirtschaft von Anfang an mehr als nur einen funktionalen Nutzbau gewollt - sie wollte sich ein Kommunikations- und Servicezentrum schaffen – ob man jedoch am Anfang an einen Ort mit diesen architektonischen und finanziellen Dimensionen gedacht hatte, ist fraglich. Erste Berechnungen der zu erwarteten Baukosten und der Baunebenkosten lagen bei 272 Millionen DM, was mit Blick auf die später geplante Nutzung des Hauses, die Mietflächen und den Quadratmeterpreis Bedenken hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit hervorrief. Daraufhin wurden Änderungen in der Planung vorgenommen, die das Investitionsvolumen auf geplante 255 Millionen DM sinken ließen. Trotzdem ereilte das LEH das Schicksal vieler Großprojekte: im weiteren Verlauf liefen die Kosten davon. Da die IHK Berlin die gesamte Finanzierung des Neubaus übernommen hatte, musste sie in den folgenden Jahren große Sparanstrengungen unternehmen.
Das neue Schmuckstück der Berliner Wirtschaft sollte den Namen Ludwig Erhards tragen. Für die Namensgebung war deshalb zunächst die Zustimmung einer noch lebenden Nichte Ludwig Erhards eingeholt worden. Anfang 1997 froren dann die Gäste des ersten Neujahrsempfangs im neuen Ludwig Erhard Haus – kein Diktat des Sparzwangs - sondern weil man das 100jährige Jubiläum des Geburtstags Ludwig Erhards mit diesem Fest gebührend einläuten wollte und für dafür extra provisorisch Teile des Rohbaus hergerichtet hatte. Im September 1998 wurde das Ludwig Erhard Haus schließlich offiziell eröffnet und ist seit dem das Zentrum der Berliner Wirtschaft, das wegen seiner ausgefallenen Architektur immer wieder auch Touristen, Filmschaffende und Künstler anzieht.
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